Vergleich vor Gericht (Prozessvergleich)
Neben dem Urteilsspruch, ist der Prozessvergleich eine der häufigsten Methoden, um ein rechtshängiges Verfahren zu beenden. Hierbei wird anstelle der Entscheidung durch den zuständigen Richter eine Einigung unter den Parteien gefunden, um den Rechtstreit zu beenden.
Ein Vergleich vor Gericht kann Vor- und Nachteil sein
Ein Vergleich vor Gericht wird nicht geschlossen, weil eine der beiden streitenden Parteien plötzlich nachgibt und Zugeständnisse macht. Dies würde er einem Anerkenntnis gleichkommen. Ein Vergleich beruht vielmehr auf einem gegenseitigen Entgegenkommen und Nachgeben von Kläger und Beklagtem. Es kann also durchaus sein, dass ein Kläger, der bei Fällung und Verkündung eines Urteils durch den Richter in vollem Maße obsiegt hätte, mit Abschluss eines Vergleichs Zugeständnisse macht, die für ihn nicht nötig gewesen wären.
Man muss allerdings beachten, dass ein Vergleich auch als Teilvergleich geschlossen werden kann. Der Anspruch, über den sich verglichen wird, kann also nur auf einen Teil der eigentlichen Klageforderung beschränkt werden. Diese Teilforderung wäre sodann mit Abschluss des Vergleichs erledigt; die Restforderung jedoch nach wie vor streitig und rechtshängig. Genauso kann in einem rechtshängigen Verfahren ein Vergleich geschlossen werden, der Forderungen umfasst, die noch nicht rechtshängig sind, über welche also noch keinerlei Ansprüche gerichtlich geltend gemacht wurden. Auch diese außergerichtlichen Forderungen können im Rahmen eines Vergleichs direkt mit protokolliert und erledigt werden.
Ein weiterer Unterschied zur Beendigung durch Urteil besteht in der Kostentragungspflicht. In der Regel sind die durch das Verfahren entstandenen Gerichts- sowie Rechtsanwaltskosten durch die unterliegende Partei zu tragen. Im Vergleich hingegen wird meistens die hälftige Teilung der Kosten vereinbart. Der Kläger, der bei Obsiegen des Verfahrens keinerlei Gerichtskosten oder Rechtsanwaltskosten zu tragen hätte bzw. durch den Beklagten erstattet bekommen hätte, ist somit wieder in der Kostentragungspflicht.
Auch ein Vergleich ist ein Vollstreckungstitel
Der Prozessvergleich wird vor Gericht geschlossen und protokolliert. Selbstverständlich können die Parteien ihren Vergleich auch außergerichtlich beschließen und nachfolgend bei Gericht protokollieren lassen. Der außergerichtliche Vergleich wird damit auch zu einem Prozessvergleich. Gemäß § 794 ZPO ist auch der Vergleich – genau wie das Prozessurteil – ein Vollstreckungstitel. Nach Eintritt der Rechtskraft und Zustellung an beide Parteien kann aus diesem Vergleich die Zwangsvollstreckung betrieben werden.
Das Widerrufsrecht
Ein Vergleich muss nicht der endgültige Abschluss eines Verfahrens sein. Auf Antrag der Parteien kann der Vergleich geschlossen und protokolliert werden, allerdings mit einem Widerrufsrecht versehen werden. Das Widerrufsrecht unterliegt einer im Vergleich zu protokollierenden Frist. Dieses Widerrufsrecht bedeutet, dass beide Parteien innerhalb der Widerrufsfrist den Vergleich widerrufen und für ungültig erklären können. Tritt dieser Fall ein, läuft das rechtshängige Verfahren weiter. Es können dann selbstverständliche neue Vergleichsverhandlungen geführt werden oder aber die Verkündung eines Urteils durch den zuständigen Richter gewünscht sein. Denn erst wenn die Widerrufsfrist – man spricht deshalb auch von einem Widerrufsvergleich – ohne Einwände abgelaufen ist, tritt die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Prozessvergleichs ein.
Wann einen Vergleich schließen?
Besonders im Arbeitsrecht werden häufig Vergleichsverhandlungen geführt und Prozessvergleiche geschlossen, wenn es um die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses und die eventuelle Zahlung von Abfindungen geht.
Weiter werden im Familienrecht ebenfalls oftmals Absprachen in Form eines Vergleichs geschlossen, wenn es um die Regelung von Besuchszeiten der Kinder oder Unterhaltszahlungen geht.
Generell kann man allerdings sagen, dass Vergleiche in jedem Zweig der Zivilverfahren geschlossen werden. Sowohl Rechtsanwälten als auch Richtern ist daran gelegen, ein Verfahren gütlich durch einen Prozessvergleich zu beenden und regen oftmals zu Vergleichsgesprächen an.