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Schneeräumpflicht – Wer zahlt bei einem Beinbruch?

Es soll Leute geben, die sich auf den Winter freuen und es genießen, mit großem Elan den Schnee wegzuräumen. Und dann sind da Eigentümer, denen es vor dem Winter graut und um die Mehrbelastungen wissen, die damit verbunden sind. Denn diese sehen sich einmal mehr mit der Aufgabe konfrontiert, die unfallträchtige Zeit ohne Komplikationen zu überstehen. Schnee und Eis bringen sorgen oft für ganz besondere Probleme.

Wer ist für das Schneeräumen zuständig?

Grundsätzlich ist der Eigentümer (bei Eigentumsanlagen der Verwalter) für die Räumung von Schnee und Eis auf dem Grundstück verantwortlich, denn diesem obliegt die Verkehrssicherungspflicht. Der Eigentümer zwecks Gefahrenabwehr immer sicherzustellen, dass auf seinem Grundstück Unfälle vermieden werden!

Art und Umfang der Räumpflicht regelt das kommunale Ortsrecht. Einzelheiten sind bei der Gemeinde- oder Stadtverwaltung zu erfragen. Der Eigentümer hat sich sachkundig zu machen und sollte nicht abwarten, bis das der Ordnungsdienst klingelt und die unzureichende Sicherung reklamiert. Die Satzung enthält detaillierte Angaben zum Umfang der Streu- und Räumpflicht und oft eine Prioritätenliste. Flächen mit hohem Verkehrsaufkommen, z.B. innerstädtische Fußgängerbereiche, Schulwegen oder die Umgebung öffentlicher Gebäude räumt oft die Kommune selber.

Schnee ist je nach Anfall zumeist zwischen sieben Uhr und zwanzig Uhr zu räumen. Bei andauerndem Schneefall oder bei Eisregen muss innerhalb angemessener Frist auch mehrmals, aber nicht andauernd geräumt werden; an die Streu- und Räumpflichten sind besonders strenge Anforderungen zu stellen. (OLG Schleswig v. 24.04.2001, Az.: 11 U 14/2000; KG Berlin v. 30.04.2004, Az.: 14 U 159/02).

Welche Flächen sind zu streuen oder zu räumen?

Schnee- und eisfrei zu halten sind allgemeine Verkehrsflächen, also Gehwege entlang des Grundstücks, der Zugang zum Hauseingang oder gemeinschaftlichen Tiefgarage. Anfallendes Eis ist entweder zu beseitigen oder mit geeigneten Mitteln abzustumpfen. Nur ausnahmsweise, z.B. besonderen Gefälle ist Salz einzusetzen (LG Rottweil v. 28.01.2008, Az.: 2 O 312/07).

Auf dem geräumten Weg sollen sich zwei Personen begegnen oder ein Kinderwagen geschoben werden können; eine Breite von 0.8 bis 1,2 m ist ausreichend (BGH v. 09.10.2003, Az: III ZR 8/03).

Streu- und Räumpflicht besteht bei Zugängen von gemeinschaftlich genutzten Einrichtungen wie Tiefgaragen, Mülltonnen, Briefkästen aber nicht vor Einzelgaragen.
Auch vor leer stehenden Gebäuden ist zu räumen!

Privatgrundstück: Betreten auf eigene Gefahr

Die Räum- oder Streupflicht kann nicht durch Warnschilder, wie z.B. „Privatweg – Betreten verboten“ ausgeschlossen werden (OLG Saarbrücken v. 20.07.2004, Az.:4 U 644/03-116).

Keine Lösung ist es, den Gehweg vor dem Haus oder zur Haustüre abzusperren und Passanten auf die andere Straßenseite zu verweisen. Sinnvoll und geboten sind Hinweise auf Dachlawinen.

Wurde im Schadensfall ein Warnschild ignoriert, führt dies ein Mitverschulden, denn erhöhte Aufmerksamkeit und besondere Vorsicht war geboten. Keinen Schadensausgleichanspruch hat, wer unter widrigen winterlichen Verhältnisses mit unzweckmäßigem Schuhwerk unterwegs ist und deswegen einen Schaden erleidet (OLG Frankfurt/M. v. 27.06.2001, Az.: 23 U 195/00).

Kommt alles Gute wirklich von oben?

Der Eigentümer hat sicherzustellen, dass keine Personen oder Sachen durch Dachlawinen oder Eisstücke zu Schaden
kommen. Mancherorts sind deshalb Schneefanggitter vorgeschrieben. Im Winter ist bei Schnee und Eis mit herabstützenden Eiszapfen und Dachlawinen zu rechnen, auch wenn vorschriftsmäßig Schutzvorrichtungen angebracht sind.

Oft hilft der prüfende Blick nach oben. Denn, wenn mit einer Dachlawine oder herabfallendem Eis zu rechnen ist, ist dem Geschädigten zumindest Mitverschulden anzurechnen oder der Gesamtschaden aufzugeben. Mitverschulden tendiert gegen Null, sollte wegen Dunkelheit oder Überstand das Dach nicht einsehbar und somit die Gefahr nicht erkennbar sein.

Wenn Dritte die Streu- und Räumpflicht haben

Überträgt der Eigentümer die Aufgabe der Beseitigung von Schnee und Eis auf Dritte, z.B. Mietern oder einem Hausmeisterdienst, bleibt er verantwortlich, denn er hat die korrekte Ausführung der übertragenen Aufgaben zu überwachen (LG Waldshut-Tiengen v. 30.06.2000, Az.: 1 O 60/00).

Hausmeisterdienst

Dienstleister erledigen die Schneeräumung und Beseitigung von Eis. Wichtig ist es, klipp und klar alle Rechte und Pflichten zu dokumentieren – und die Ausführung der Arbeiten zu überwachen. Je nach Umfang wird Zeitaufwand oder nach laufenden Metern pro Monat abgerechnet. Die Auslagen für den Winterdienst sind ggf. auf die Nutzer umlegbar (§ 2 Nr.8 BetrKV).

Schneeräumung durch Mieter / Nutzer

Die Pflicht zur Schneeräumung setzt eine vertragliche Regelung (Mietvertrag, Nutzungsvereinbarung) voraus; dies kann auch durch jahrelange praktische Ausführung „stillschweigend“ erfolgt sein. Der entsprechend Verpflichtete sollte hierzu seine haftungsrechtlichen Konsequenzen beachten – und im Zweifel eine private Haftpflichtversicherung haben, die im Schadensfall eintritt.
Bei einer vermieteten Doppelhaushälfte oder einem Einfamilienhaus trägt der Mieter i.d.R. die Streu- und Räumpflicht.

Kann die Streu- und Räumpflicht nicht ausgeübt werden (z.B. wegen Abwesenheit, Krankheit, hohem Alter) ist rechtzeitig auf eigene Kosten für einen Ersatz zu sorgen oder der Eigentümer zu informieren, dass die Ausübung der Pflicht unmöglich ist (LG Münster v.19.02.2004, Az.: 8 S 425/03).

Wenn der Mieter die Glättegefahr erkennt, ist er wegen Schadensabwehr zur Räumung verpflichtet. Er kann vom Eigentümer Auslagenersatz beanspruchen.

Der Eigentümer hat die für den Winterdienst benötigten Mittel (Besen, Schneeschieber, Streumittel etc.) kostenlos bereitzustellen, kann diese ggf. mit den Nutzern abrechnen (§ 2 Nr.8 BetrKV).

Grundbesitzerhaftpflicht

Bei Sach- und Personenschäden kann die Grundbesitzerhaftpflicht eintreten, soweit diese Schäden nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurden. Ohne diese Versicherung haftet der Eigentümer ggf. mit seinem gesamten Vermögen.

Personenschaden infolge vernachlässigter Streupflicht kann für den Eigentümer auch strafrechtliche Konsequenzen haben, denn im Falle eines Unfalls kann der zur Räumung Verpflichtete wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 230 StGB) belangt werden. Geschädigten kann zudem ein Schmerzensgeld bis zu 10.000 € zustehen (OLG Karlsruhe Az.:14 U 107/07).

Winterpflichten sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Es gilt erhöhte Aufmerksamkeit und große Sorgfalt bei der Wahrnehmung der Streu- und Räumpflichten.